Understanding and misunderstanding grammar (UMIG). The perception of grammatical categories in the languages of the Lake Chad area

Projektleitung: emer. o. Univ.-Prof. Dr. Norbert Cyffer
In Zusammenarbeit mit: Prof. Shettima Umara Bulakarima und Prof. Andrew Haruna (Universität Maiduguri)
Mitarbeiter: Mag. Akin Wewe
Laufzeit: 01.12.2012–30.11.2017
Fördergeber: FWF
Fördersumme: EUR 173.355,–

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In diesem Projekt wollen wir einerseits die Ursachen unterschiedlicher Interpretationen von Grammatik feststellen und im nächsten Schritt die Frage behandeln, ob wir überhaupt in der Lage sind, eine Sprache adäquat zu beschreiben.


Das Untersuchungsthema:
Zunächst wird untersucht, wie die innovativen Kategorien bezüglich ihrer grammatikalischen Zuordnung wahrgenommen werden. Dann wird der Frage nachgegangen, ob und wie sich die neu entstandenen Kategorien auf die Kontaktsprachen in der Region ausgewirkt haben.

Misinterpretationen von grammatischen Kategorien
Waren noch im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Beschreibungen stark an den Grammatiken der europäischen Sprachen ausgerichtet, Obwohl später auch "objektivere" Grammatikmethoden angewandt wurden, kam es zu Fehlurteilen über die Sprachen Afrikas. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Sprachen mit dem Etikett "primitiv" versehen.

In einem ersten Schritt werden die Ursachen dieser unterschiedlichen Interpretationen untersucht. Es sei nur auf die unwissenschaftlichen Urteile Anfang des 20. Jahrhunderts hingewiesen. "Wissenschaftlich" untermauert wurde die sogenannte Primitivität durch die "Hamitentheorie".

Abweichungen in modernen Sprachbeschreibungen
Auch moderne Grammatiken weichen in den Beschreibungen von einander ab. Grammatikalische Regeln werden von den individuellen Sprechern unterschiedlich konzipiert oder sie werden von den Linguisten unterschiedlich interpretiert. Grammatikalisierungsprozesse tragen zu den andauernden Wandelsprozessen bei. Sprecher können diese neuen Kategorien unterschiedlich wahrnehmen, abhängig von deren Alter, soziolinguistischer Umgebung, mehrsprachigen Kompetenz, etc.

Die Forschungsregion
In der Region westlich des Tschadsees in Nigeria hat sich in der Vergangenheit eine enorme Dynamik von Sprachwandel abgespielt. Die politischen Umbrüche sowie die wachsende Ausbreitung der Hausa trugen zu diesen Veränderungen bei. So wurde das Kanuri als Language of wider communication seit dem 20. Jahrhundert durch das Hausa abgelöst. In enger Zusammenarbeit mit Sprachwissenschaftlern der University of Maiduguri wird zunächst untersucht, wie in den Sprachen der Region, v.a. Kanuri und Hausa, die Grammatik verändert wurde. Da es teilweise bis zu 400 Jahre alte Textdokumentationen gibt, ist es möglich, den zurückliegenden Wande zu dokumentieren. Da offensichtlich die Prozesse des Wandels in den Verbreitungsregionen unterschiedlich abliefen, können möglicherweise auch Aussagen über die Wege der Veränderungen gemacht werden.

Erwartete Ergebnisse
– Chronologischer Ablauf der Grammatikalisierungsprozesse im Kanuri
– Wahrnehmung der neuen Grammatikkategorien durch die Sprecher
– Übernahme aus dem Hausa bzw. Kanuri in den Kontaktsprachen
– Intensität der Übernahme
– Neuformulierung von Grammatikkategorien
– Erkenntnisse zur Sprachtypologie, Sprachkontaktforschung, Sprachuniversalienforschung

Homepage: http://umig.univie.ac.at/