Diplomatik und Paläographie neu- und spätbabylonischer archivalischer Dokumente

Projektleitung: Univ.-Prof. Mag. Dr. Michael Jursa
Mitarbeiter: Mag. Dr. Reinhard Pirngruber
Laufzeit: 01.03.2014–28.02.2017
Fördergeber: FWF
Fördersumme: EUR 290.214,75

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Dieses Forschungsprojekt stellt den ersten Versuch dar, in umfassender Weise die Beziehungen zwischen dem Inhalt keilschriftlicher Archivtexte aus dem Babylonien des ersten vorchristlichen Jahrtausend und ihrer externen Charakteristika, allen voran Tafelformat und Schrift, zu untersuchen. Da diese beiden Aspekte bisher vernachlässigt wurden, obwohl ihre Bedeutung für Fragen der Datierung sowie der Archivzugehörigkeit außer Frage steht, wird hier ein wichtiges Forschungsdesideratum angesprochen. Aufgrund der reichhaltigen Quellen stellt das erste Jahrtausend v. Chr. einen besonders geeigneten Rahmen für eine solche Untersuchung dar.

Nach Erstellung eines repräsentativen Textsamples sollen die relevanten äußeren (extrinsischen) und inneren (intrinsischen) Merkmale in einer Datenbank gesammelt werden. Das Hauptinteresse liegt auf der systematischen Korrelation der äußeren Form der Tafeln mit den diversen zumeist auf Basis der Textformulare unterschiedenen Dokumentkategorien. Dabei wird besonderes Augenmerk auf Schreiberpraktiken wie Siegelungen und das Anbringen aramäischer Vermerke gelegt - Phänomene, die im Rahmen einer Diplomatik bisher vernachlässigt wurden. Der zweite Schwerpunkt des Projekts liegt auf der Paläographie, welche im methodischen Instrumentarium der Assyriologie bisher eine nur untergeordnete Rolle spielt. Der erste Schritt besteht hier in der Identifikation und Dokumentation normativer Standardzeichenformen sowie der auftretenden regionalen und diachronen Variationen. Weiterführend wird eine Objektivierung der möglichen Kriterien einer Unterscheidung verschiedener ductūs (kalligraphisch und kursiv) angestrebt. Zu diesem Zweck soll auch ein Textkorpus datierter chronographischer Texten untersucht werden, und die dort vorkommenden Zeichenformen mit der Evidenz der archivalischen Dokumente verglichen werden.

Für beide Bereiche wird dieses Projekt einen Pionierversuch zur Erstellung einer standardisierten Terminologie für Tontafelformate und die auf ihnen beobachtbaren äußeren Phänomene in den gängigen Wissenschaftssprachen unternehmen. Die Forschungsergebnisse werden in erster Linie in Form einer Monographie vorgelegt werden. Darüber hinaus wird eine durchsuchbare photographische Zeichenliste, welche die Entwicklung der babylonischen Keilschrift im ersten Jahrtausend v. Chr. dokumentiert, auf der Projekthomepage angeboten werden.