Geheimnisse und Geheimhaltung in Calderóns Komödien und im Habsburg-Spanien; mit einer kritischen Ausgabe von El secreto a voces („Das laute Geheimnis“) von Don Pedro Calderón de la Barca
Projektleitung: Mag. Dr. Wolfram Aichinger
MitarbeiterInnen: Jéssica Castro, Simon Kroll
Laufzeit: 01.11.2012–31.03.2016 (FWF),
01.02.2013–31.01.2016 (Jubiläumsfonds der ÖNB)
Fördergeber: FWF, Jubiäumsfonds der ÖNB
Fördersumme: EUR 376.141,47 (FWF),
EUR 107.895,– (Jubiläumsfonds der ÖNB)
Die öffentliche Inszenierung des Geheimen ist Teil und Ausdruck spanischer Barockkultur. Das Projekt will die weiten sozialen und ästhetischen Implikationen dieser These erforschen.
Im Jahr 1642, als Krieg tobte, die Bevölkerung hungerte und die Wirtschaft niederging, entfalteten Madrid und sein Hof weiter die Pracht barocker Feste und fesselten die Untertanen mit Aufführungen königlicher Macht.
Gleichzeitig liefen jedoch die Angelegenheiten höchster politischer und militärischer Brisanz in Sphären des Geheimen ab. Wo aber das Öffentliche so scharf vom Verborgenen getrennt ist, erlangen die Zwischenbereiche geheimer Kommunikation besondere Bedeutung und werden zum Kampfplatz zwischen denen, die verhüllen und denjenigen, die aufdecken. Geheimhaltung selbst wird zum Schlüsselthema öffentlicher Debatte. Geführt wird diese – paradoxerweise – gerade auch an dem Ort, der Inbegriff visueller Barockkultur ist, der Theaterbühne. Im Theater wird die komplexe Beziehung zwischen Wissen und Nichtwissen fortwährend gespiegelt, getestet und neu modelliert.
Calderóns Stücke sind der reifste Ausdruck dieser Ästhetik. Immer wieder erforscht er die verborgenen Muster von Geheimhaltung, ihre Folgen für menschliche Bindungen und Konflikte und zeigt: Öffentlich vorzuführen, dass die innersten Bereiche der Macht verborgen bleiben, gehört zur Logik der Macht und ist effektvoller Teil ihrer theatralischen Präsentation nach außen. Das Stück El secreto a voces/ Das laute Geheimnis, entstanden 1642, handelt von Geheimnissen eines Hofes, von Verschwörung und von weiblichem Scharfsinn, der es ermöglicht, Liebesgeheimnisse öffentlich in geheimer Sprache auszutauschen.
Unser Forschungsprojekt verfolgt drei Ziele:
- Eine Studie zur Geschichte des Geheimnisses und der Geheimhaltung im spanischen Siglo de Oro, auf Grundlage historischer Studien, Quellen der Zeit und neuesten Theoriekonzepten zur Geheimhaltung.
- Eine Studie von Calderóns Komödien der Geheimhaltung im Umfeld des Theaters des siebzehnten Jahrhunderts.
- Eine Fallstudie zur Komödie El secreto a voces, verbunden mit einer kritischen Edition, welche die Ästhetik des Geheimnisses auf allen Ebenen dramatischen Ausdrucks und in Aufführungskontexten der Zeit untersucht. (Teilfinanzierung: Unterstützt durch Fördergelder des Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank, Projektnummer: 14725)
So zielt das Projekt auf ein tieferes Verständnis der komischen Werke Calderóns und der geheimen kulturellen Muster der Barockzeit.