Ritual, Raum, Mimesis bei den Rai in Ostnepal

Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Martin Gaenszle, M.A.
MitarbeiterInnen: lic. phil. Alban von Stockhausen, lic. phil. Marion von Stockhausen-Wettstein
Laufzeit: 01.10.2011–30.09.2016
Fördergeber: FWF
Fördersumme: EUR 371.851,20

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Das Ziel des Projektes ist die ethnographische Dokumentation und vergleichende Untersuchung der Ritualtraditionen einer Kiranti-Gruppe, der Dumi Rai, unter den Bedingungen des kulturellen und politischen Wandels in Nepal. Zu einer Zeit, in der eine neue Verfassung ausgearbeitet wird, sind die Vorstellungen von Ahnenland und Territorium von besonderer Aktualität, da ethnische Aktivisten ein autonomes Gebiet für die Kiranti fordern. Durch rituelle Praktiken wie priesterliche Opfergaben, schamanische Reisen oder kollektive Tänze werden kulturelle Räume beansprucht und (wieder-) angeeignet. Indem sie ihre Rai-Kultur und -'Religion' transformieren und reformieren, versuchen die ethnischen Aktivisten, die in der 'Kirat Rai Yayokkha' Vereinigung organisiert sind, den Verlust ihrer angestammten Kultur zu verhindern: insbesondere sind sie bestrebt, die lokalen Sprachen, Ritualtexte und mythologischen Erzählungen zu standardisieren, zu verschriftlichen und öffentlich zu präsentieren, sowie eine bestimmte Form des Laientanzes, des sakela, politisch zu nutzen.
Das Projekt wendet neuere Ansätze in der Ritualforschung an, die Ritualwandel, Ritualtransfer, Rekontextualisierungen und Instrumentalisierungen in den Blick rücken, und befasst sich mit rituellen Performanzen in zwei Teilprojekten, die jeweils von einem Postdoc-Forscher bzw. einer Postdoc-Forscherin durchgeführt werden:
1) Teilprojekt "Ritual und Raum" (Alban von Stockhausen) untersucht die Konstruktionen einer Ahnengeographie durch die rituelle Tradition. Es untersucht die indigene Kartierung des Raumes, die in den Bereichen des rituellen Handelns, der mythologischen Erzählungen und der sozialen Praxis zum Ausdruck kommen.
2) Teilprojekt "Ritual und Mimesis" (Marion Wettstein) untersucht die Konstruktionen eines ethnischen Selbstbildes durch den kollektiven Tanz. Indem es die sakela Performanzen als vielschichtige und grundlegende (kosmologische) "Texte" versteht, dokumentiert das Teilprojekt die mündlichen und gestischen Rezitationen, mimetischen Bewegungen und den performativen Kontext als Ganzes.
Die beiden Teilprojekte werden ergänzt durch eine vergleichende Untersuchung mit Daten der Puma, die vom Chintang and Puma Documentation Project (CPDP) erhoben wurden, und ermöglichen zusammen genommen eine detaillierte ethnographische Erschließung jener Bereiche, die gegenwärtig am intensivsten durch die ethnischen Anführer bei ihrer Identitätssuche und Forderung nach einem autonomen Kiranti-Territorium instrumentalisiert werden. Sie werden damit einen substantiellen Beitrag zum umfassenderen und komparativen Verständnis der reichen aber bedrohten Ritualtraditionen Ostnepals leisten.