Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Radio-Werkstatt" von Thomas Waitz lernen und erproben tfm-Studierende essayistisches, kulturwissenschaftliches Schreiben für den Hörfunk. Eine der Abschlussarbeiten ist nun vom Deutschlandfunk produziert worden: "Vom Mythos des Backpackings. Essay über die falschen Versprechen des Reisens“ von Mariel McLaughlin wird am 29. Jänner 2023 in der Sendereihe „Essay und Diskurs“ ausgestrahlt und steht anschließend als Podcast zur Verfügung.
McLaughlins Beitrag befasst sich mit dem Versprechen transzendente Erfahrungen, das an Fernreisen geküpft wird: Wir können Andere werden, Anderen begegnen, unsere Grenzen kennenlernen und überwinden. Doch die Sehnsüchte sind unerfüllbar und basieren auf kolonialistischen Mustern. Mit ihrer Reise quer durch Südamerika wollte Mariel McLaughlin sich verändern. Begegnungen mit unberührten Kulturen, der Kampf gegen Unwetter und widrige Situationen, von all dem versprach sie sich eine einschneidende Erfahrung, zumindest aber eine attraktive Station im Lebenslauf. Doch McLaughlin stellte ernüchtert fest: Auf Reisen nimmt sie sich immer selbst mit. Die Einheimischen bleiben Fremde und spiegeln ihr nur ihren exotisierenden Blick wider. Grand Tours, Hippie Trails damals und Backpacker-Reisen heute folgen alle tiefen kolonialistischen Mustern. Reisen hält nicht, was es verspricht – aber es erschüttert auf unerwartete Weise. Die Lehrveranstaltung „Radio-Werkstatt“ ist ein Angebot im Masterstudium Theater-, Film- und Medienwissenschaft. Die Teilnehmer_innen verfassen zu einem medienkulturwissenschaftlichen Thema Ihrer Wahl ein Radio-Essay, das sich an ein intellektuell interessiertes, außerakademisches Publikum richtet. Die Lehrveranstaltung begleitet den Forschungsprozess, der diesem Schreibprojekt vorangeht. Studierende erlernen und erproben die Techniken und das Handwerkszeug kulturwissenschaftlichen Forschens und denken gemeinsam wird über Essayistik und die eigene Position, die im Schreiben eingenommen wird, nach. Dadurch üben sich Studierende in eine Textsorte ein, in der es besonders auf die eigene Argumentation und Reflexion ankommt.
Mariel McLaughlin, geboren 1993, studierte Empirische Kulturwissenschaften an der LMU München. Aktuell schließt sie ihr Studium der Theater-, Film und Medienwissenschaft ab. Journalistisch war sie bisher für die Süddeutsche Zeitung und Neon tätig.
Thomas Waitz ist Tenure-Track-Professor für Medienkulturwissenschaft am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien.